Handwerker aufgepasst!
Keine Widerrufsbelehrung = Keine 19.000 EUR Lohn
Ein Gericht entschied kürzlich über einen Fall, der in manchem Handwerksbetrieb für Aufsehen sorgen dürfte. Einem Handwerker, der einen Kunden (Verbraucher) nicht über dessen Widerrufsrecht belehrt, steht im Fall des Widerrufs auch nach vollständig erbrachter Arbeit kein Geld zu. Die Klage eines Gartenbauers auf Zahlung seines kompletten Werklohns in Höhe von knapp 19.000 EUR wies das Gericht ab. Wie konnte es dazu kommen?
Sachverhalt
Im April 2024 bestellte der Besitzer eines Gartens den Gartenbauer auf sein Grundstück. Vor Ort gab er umfangreiche Arbeiten an dem völlig verwilderten Gelände in Auftrag.
Nach Abschluss der Arbeiten stellte der Gartenbauer seine Rechnung in Höhe von knapp 19.000 EUR. Hierbei kam es zum Streit über den vereinbarten Stundensatz sowie die Frage, ob die erstellte Rechnung prüffähig sei. Der Gartenbesitzer verweigerte die Zahlung und widerrief den Vertrag im September 2024. Daraufhin klagte der Handwerker gegen den Gartenbesitzer auf Zahlung seines Lohnes.
Entscheidungsgründe
Das Landgericht Frankenthal (Urteil vom 15.04.2025, Az. 8 O 214/24) wies die Klage des Gartenbauers ab und gab dem Gartenbesitzer vollumfänglich Recht.
Begründung: Der Gartenbesitzer sei als Verbraucher anzusehen und da sämtliche Arbeiten außerhalb von Geschäftsräumen in Auftrag gegeben worden seien, stehe ihm ein gesetzliches Widerrufsrecht (§ 312g BGB) zu.
Ein „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag“ liege nach § 312b BGB vor, wenn der Unternehmer den Verbraucher außerhalb seiner Geschäftsräume bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit persönlich und individuell anspreche und es unter diesen Umständen zum Vertragsschluss komme.
Warum lief die vierzehntägige Widerrufsfrist nicht?
Die mit Vertragsschluss beginnende vierzehntägige Widerrufsfrist habe nicht zu laufen begonnen, da der Gartenbauer den Verbraucher nicht darüber belehrt habe. Es gelte in diesem Fall eine Höchstfrist von einem Jahr und vierzehn Tagen für den Widerruf (§ 356 Abs. 3 Satz 2 BGB). Diese sei vorliegend eingehalten worden. Der Anspruch des Handwerkers auf Werklohn sei so vollständig entfallen.
Wegen der unterlassenen Belehrung könne er auch keinen Wertersatz oder einen sonstigen Ausgleich für seine Arbeit verlangen. Denn das europäische Verbraucherschutzrecht verlange bei einer unterlassenen Widerrufsbelehrung eine Sanktion von Unternehmern, um sie zur ordnungsgemäßen Belehrung anzuhalten. Hier bezog sich das Gericht auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 17.05.2023, Az. C-97/22).
Quelle: Landgericht Frankenthal, Pressemitteilung vom 29.04.2025
Praxishinweis: Die Handwerkskammer Dortmund gibt auf ihrer Internetseite weitergehende Informationen zum geltenden Verbraucherschutz und hält eine Musterbelehrung und ein Widerrufsformular zum Download bereit.

Heike Mareck ist Anwältin. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der Beratung, Vertragsgestaltung und Vertretung auf dem Gebiet des IT-, Medien-, Datenschutz-, Arbeitsrechts und dem Hinweisgeberschutz. Als externe Datenschutzbeauftragte betreut sie zahlreiche Unternehmen. Daneben ist sie als Referentin sowie als Interviewpartnerin und (Gast-)Autorin sehr gefragt und steht für alle diese Tätigkeiten gern zur Verfügung.