Adieu Kummerkasten – Das neue Hinweisgeberschutzgesetz kommt
Am 16.12.2022 verabschiedete der Bundestag mit einigen Änderungen das „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ (Hinweisgeberschutzgesetz, im folgenden HinSchG). Welche wichtigen Änderungen wurden kurzfristig beschlossen? Wie geht es jetzt weiter? Wann könnte das Gesetz in Kraft treten?
Welche wichtige Änderungen wurden kurzfristig beschlossen?
- Löschung der Dokumentation: Die Dokumentation der Meldung ist drei Jahre nach Abschluss des Verfahrens zu löschen, siehe § 11 Abs. 5 HinSchG (der ursprüngliche Gesetzesentwurf sah hier noch eine zweijährige Frist vor). WICHTIG: Unternehmen, die zusätzlich das Lieferkettengesetz beachten müssen, müssen zukünftig ein striktes Löschungskonzept aufstellen und sauber dokumentieren. Zudem ist noch ungelöst, wie sich die siebenjährige Aufbewahrungsfrist des Meldeverfahrens nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz zu der dreijährigen Frist nach dem HinSchG verhält.
- Anreize schaffen: Nach dem neu eingefügten § 7 Abs. 3 S. 1 HinSchG sollen die verpflichteten Beschäftigungsgeber Anreize dafür schaffen, dass sich Hinweisgeber vor einer Meldung an eine externe Meldestelle zunächst an die jeweilige interne Meldestelle wenden. Wie solche Anreize konkret aussehen sollen, bleibt offen. Es bleibt es bei Allgemeinheiten:
- Verweis auf die Optimierung der internen Meldewege,
- eine gute Kommunikationskultur,
- die Förderung sozialer Verantwortung,
- das wirksame Vorgehen gegen Verstöße und den Schutz vor Repressalien.
Auch müssen Beschäftigungsgeber für Beschäftigte klare und leicht zugängliche Informationen über die Nutzung des internen Meldeverfahrens bereithalten (§ 7 Abs. 3 S. 2 HinSchG). Die Möglichkeit einer externen Meldung darf durch ein Anreizsystem zur Nutzung interner Meldekanäle nicht beschränkt oder erschwert werden (vgl. § 7 Abs. 3 S. 3 HinschG).
- Anonyme Meldung: Interne und externe Meldekanäle müssen nach dem geänderten HinSchG jetzt doch ab dem 1. Januar 2025 die Möglichkeit der anonymen Meldung und der nachfolgenden anonymen Kommunikation mit dem Hinweisgeber bereitstellen. Wurde die Bearbeitung anonymer Meldung im Referentenentwurf bloß empfohlen, findet sich im Regierungsentwurf jetzt eine Soll-Vorschrift. Die Bearbeitung anonymer Meldungen wird damit Pflicht (vgl. § 16 Abs. 1 S. 4-6 HinSchG). Die Pflichten hinsichtlich anonymer Meldungen greifen nach der Übergangsvorschrift erst ab 1. Januar 2025 (§ 42 Abs. 2 HinSchG).
- Immaterieller Schadenersatz: Für immaterielle Schäden kann sich der/die Hinweisgeber*in zukünftig auf § 37 Abs. 1 S. 2 HinSchG berufen und eine Entschädigung in Geld beanspruchen. Dieser immaterielle Schadenersatz kommt bei psychischen Belastungen – wie Mobbing oder Stalking – in Betracht. Dies trägt den europäischen Vorgaben (Art. 21 Abs. 8 und ErwG. 94 EU Whistleblowing Richtlinie) Rechnung.
- Besondere personenbezogene Daten: Nach § 10 des Beschlussentwurfs dürfen nun auch besondere Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Art. 9 DSGVO durch die Meldestelle verarbeitet werden. Dies kann etwa bei einem Sachverhalt relevant sein, in dem der Vorgang Gesundheitsdaten oder die Betriebsratszugehörigkeit betrifft.
Wie geht es weiter? Wann könnte das Gesetz in Kraft treten?
Nachdem der Bundesrat in seiner Sitzung am 10.02.2023 den Gesetzesentwurf abgelehnt hat, geht es nun zunächst in den Vermittlungsausschuss. Dieser muss einen Kompromiss aushandeln, der von beiden Gesetzgebungsorganen mitgetragen werden kann.
Fazit
Betroffene Unternehmen, Vereine, Verbände, Kommunen sollten sich jetzt mit dem Thema Hinweisgebersystem befassen und nicht weiter hinausschieben. Finden Sie mit unserem Quick-Check heraus, ob und ab wann Sie vom neuen Hinweisgeberschutzgesetz betroffen sind. Wir unterstützen gern bei Fragen rund um die Implementierung eines Hinweisgebersystems – informieren Sie sich auf unserer Seite zum Hinweisgeberschutz oder sprechen Sie uns einfach an.
Heike Mareck ist Anwältin. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der Beratung, Vertragsgestaltung und Vertretung auf dem Gebiet des IT-, Medien-, Datenschutz-, Arbeitsrechts und dem Hinweisgeberschutz. Als externe Datenschutzbeauftragte betreut sie zahlreiche Unternehmen. Daneben ist sie als Referentin sowie als Interviewpartnerin und (Gast-)Autorin sehr gefragt und steht für alle diese Tätigkeiten gern zur Verfügung.